Westminster Bekenntnis, Artikel 23 – 33

23. Von der staatlichen Gewalt

Artikel 23.1

Gott der oberste Herr und König der ganzen Welt, hat die staatliche Gewalt (Obrigkeit) eingesetzt, daß sie zu seiner Ehre und zum allgemeinen Wohl, ihm untergeordnet, über andere herrscht. Zu diesem Zweck hat er sie mit der „Schwertgewalt“ ausgerüstet (WB 20,4), damit die Rechtschaffenen geschützt und gefördert, die Gesetzesbrecher jedoch bestraft werden.

Artikel 23.2

Christen ist es erlaubt, ein staatliches Amt anzunehmen und auszuüben, wenn sie dazu berufen werden. Wie sie in dessen Ausübung in Übereinstimmung mit den bewahrenden Gesetzen jedes Gemeinwesens besonders Gottesfurcht, Gerechtigkeit und Frieden aufrechterhalten sollen, so dürfen sie in dieser Absicht nach dem Neuen Testament – aus gerechtem Grund und zwangsläufiger Veranlassung – rechtmäßig Krieg1(a) Bei einem „gerechten Krieg“ geht es nicht um Rache, sondern um Wahrung der Gerechtigkeit, Freiheit, um die Verteidigung unaufgebbarer Werte.

(b) Die Schrift weist dem Krieg an sich (im Sinn des Militarismus) keinen Wert zu, vielmehr dem Frieden. Sie kennt jedoch auch keinen „politischen Pazifismus“ unter Berufung auf die Bergpredigt; denn das Friedensgebot Christi können nur jene erfüllen, die in Christus mit Gott versöhnt sind. Durch die Sündhaftigkeit des Menschen ist es nicht möglich, daß ein politisches Friedensreich (WB 32,2-A1b) auf dieser Erde entsteht. Solange die Heilsgeschichte nicht abgeschlossen ist, kann Friede nur bewaffnet, unter „Schwertgewalt der Obrigkeit“ aufrecht erhalten werden.

(c) Die Entscheidung über Krieg oder Frieden liegt nicht in letzter Instanz beim Menschen, sondern im Urteil Gottes. Spricht er Gericht, so erweist sich der Krieg als ein Instrument der vergeltenden Gerechtigkeit an Völkern, die Gottes Ehre zerstört oder mißbraucht haben.

(d) Befinden sich in einer Gesellschaft eine – wenn auch kleine – jedoch lebendige Kirche oder Gemeinde der Gläubigen, die Liebe und Frieden auslebt, so kann sie wie eine Insel der Bewahrung wirken und Gottes Barmherzigkeit erbitten.
führen.

Artikel 23.3

Die weltliche Obrigkeit darf sich die Verwaltung des Wortes und der Sakramente oder die Gewalt der Schlüssel des Himmelreichs (WB 30,3; 30,4) nicht aneignen oder sich überhaupt irgendwie in Fragen des Glaubens einmischen. Doch als fürsorglicher Vater ist es die Pflicht der weltlichen Obrigkeit, die Kirche unseres gemeinsamen Herrn zu beschützen, ohne irgendeiner christlichen Denomination vor den anderen den Vorrang zu geben, also so, dass sich alle kirchlichen Personen der völligen, unabhängigen und nicht hinterfragbaren Freiheit erfreuen, jeden beliebigen Teil ihrer heiligen Aufgaben zu verweigern, ohne Gewalt oder Gefahr fürchten zu müssen.
Und da der Herr Jesus eine reguläre Leitung und Kirchenzucht in seiner Kirche eingesetzt hat, darf sich kein Gesetz irgendeiner staatlichen Körperschaft, wenn sich freiwillige Mitglieder einer christlichen Denomination nach ihrem eigenen Bekenntnis und Glauben verhalten, darin einmischen oder diese gar behindern. Es ist die Pflicht der weltlichen Obrigkeit, die Person und den guten Namen aller Angehörigen seines Volkes in so wirksamer Weise zu beschützen, dass keine Person geduldet wird, die mit dem Schein von Religion oder Unglauben andere Personen – gleich welcher auch immer – unwürdig behandelt, Gewalt antut, missbraucht oder Ungerechtigkeit zufügt.
Es ist die Pflicht der weltlichen Obrigkeit sicherzustellen, dass alle religiösen und kirchlichen Versammlungen ohne Belästigung und Störungen abgehalten werden können.

Artikel 23.4

Es ist die Pflicht des Volkes Gottes, für die Regierungen und staatlichen Behörden zu beten, deren Vertreter zu ehren, Steuern zu entrichten und andere Verpflichtungen zu erfüllen, ihren rechtmäßigen Anordnungen zu gehorchen2Die Grenze der Gehorsamspflicht des Christen gegenüber dem Staat liegt dort, wo Handlungen verlangt oder ideologische Überzeugungen aufgenötigt werden, die dem Wort Christi widersprechen und das gute Gewissen vor Gott belasten. und sich ihrer Autorität um des Gewissens willen unterzuordnen. Unglaube oder unterschiedliche Glaubenspositionen machen die rechte und gesetzmäßige Autorität des Staates nicht zunichte, noch wird dadurch das Volk Gottes von seinem Gehorsam entbunden, den es dem Staat schuldig ist; davon sind auch kirchliche Amtsträger nicht ausgenommen. Viel weniger besitzt der Papst irgendeine Macht und Rechtsprechung über den Staat und seinen Herrschaftsbereich oder über irgend einen seiner Bürger, »schon gar nicht, um sie ihrer Heimat oder ihres Lebens zu berauben, wenn er sie zu Ketzern erklärt, oder aus welchem anderen Vorwand sonst.«3Dieser Abschnitt wird verständlich, wenn man die gegenreformatorische Machtpolitik bedenkt, durch welche die römische Kurie sich der evangelischen „Ketzer“ zu entledigen suchte. Solche gnadenlose Willkürakte wie Vertreibung von Grund und Boden, Zerreißen von Familien und Bedrohung des Lebens sind heute – nicht zuletzt aus politischen Gründen – nicht mehr gegeben (WB 25,6+A1); deshalb wurde der letzte Teil ausgeklammert.

24. Von Ehe und Scheidung

Artikel 24.1

Die Ehe soll jeweils einen Mann und eine Frau aneinander binden; weder ist es irgendeinem Mann erlaubt, mehr als eine Frau, noch irgendeiner Frau, mehr als einen Mann zur gleichen Zeit zu haben.

Artikel 24.2

Die Ehe ist zur gegenseitigen Hilfe4Der an das Wort Gottes gebundene Ehemann ist aufgrund der Schöpfungsordnung mit dem Führungsauftrag über Ehefrau und Kinder betraut. Ihm obliegt auch die Hauptverantwortung der geistlichen Leitung der Familie, insbesondere die Glaubensschulung der Kinder, damit sie im Glauben wachsen und ihrem Gott nicht absagen. Die Ehefrau ist Gott und ihrem Mann in der Betreuung und Erziehung der Kinder verantwortlich; dieser persönliche und seinem Wesen nach nicht übertragbare Betreuungsauftrag hat Vorrang vor allen anderen Tätigkeiten, seien sie materieller (z.B. Berufsausübung) oder geistlicher Art (z.B. Gemeindeaktivitäten). von Mann und Frau bestimmt, zur Vermehrung der Menschheit durch eine rechtmäßig eheliche und der Kirche durch eine heilige Nachkommenschaft und zur Vermeidung von Unreinheit.5(a) Die Ehe ist der schöpfungsbedingte Rahmen, den Gott für den sexuellen Umgang zwischen Mann und Frau bestimmt hat. Die Schrift betont, daß außereheliche Beziehungen das Gericht Gottes nach sich ziehen; deshalb soll jeder, der seine Geschlechtskraft entfalten will, seinen „eigenen“ Ehepartner haben. Damit wird die Ehe als Ort des geschlechtlichen Vollzugs nicht im Gegensatz zur Ehelosigkeit für „minderwertig“ erklärt, denn das Wort Gottes stuft die eheliche Liebe durchaus positiv ein und setzt sie sogar zur Pflicht. Ihrem Wesen nach ist Sexualität nicht egozentrisch nur zur eigenen Triebbefriedigung gedacht, sondern dient zur Vertiefung der Liebesbeziehung und Bereicherung beider, des Mannes und der Frau. In dieser Haltung der Liebe führt sie durch die Zeugung von Kindern zur Teilnahme am Schöpfungsakt Gottes. Deshalb stellt es eine Pervertierung der Schöpfungsabsicht Gottes dar, wenn sie in einer anderen Haltung oder außerhalb der Ehe vollzogen wird.

(b) So sehr die Sexualität ihrem Wesen nach gute Schöpfung Gottes ist (denn nicht ihr Gebrauch, sondern der Mißbrauch ist sündhaft) – so wenig liegt ihr eine Notwendigkeit zugrunde, überhaupt zur Entfaltung gelangen zu müssen (WB 22,7). Die Entwicklung und Reife einer Persönlichkeit, gesellschaftliche Zielsetzungen und die Lebensqualität hängen nicht vom sexuellen Erleben bzw. Ehestand ab; vielmehr von der unbeirrbaren Treue zu Jesus Christus und seinem Wort. Deshalb fordert die Heilige Schrift auch von unverheirateten Männern und Frauen (Jungfrauen, Witwen) geschlechtliche Enthaltung.

(c) Die Begriffe „Unzucht“, „Hurerei“ und „Ehebruch“ fallen in der Heiligen Schrift unter dasselbe Urteil (HK 92; WB 13,; 19,6): jede sexuelle Betätigung außerhalb der Ehe stellt eine Antastung der Heiligkeit Gottes und den Bruch des 7. Gebotes dar; wobei der Herr nicht nur die Tat, sondern auch das gedankliche Spiel in dieses Urteil einbezieht.

Artikel 24.3

Jedem Menschen ist es erlaubt6(a) Sowohl die Führung einer Ehe als auch die Bewältigung der Ehelosigkeit entspringen der Gnade Gottes. Beide Lebensformen stellen ein Geschenk Gottes dar, das Gott zur freien Wahl anbietet, ohne eines der beiden als „mehr oder weniger geistlich“ zu werten. Deshalb sind die Amtsträger einer Gemeinde nicht an die Ehelosigkeit (Zölibat) (WB 22,7) gebunden. Der Verzicht auf Ehe kann nicht kirchenrechtlich vorgeschrieben werden, sondern muß freiwillig erfolgen; von „Freiwilligkeit“ kann man jedoch nur dann sprechen, wenn der Weg zu einer Eheschließung jederzeit offen steht. Während der Apostel Paulus in seiner Situation (im Gegensatz zu Petrus, der verheiratet war) die Ehelosigkeit vorzog, ging er in seinen Pastoralbriefen wie selbstverständlich davon aus, daß die Presbyter und Diakone (WB 25,3-A1) verheiratet sind.

(b) Die Wahl eines Ehepartners liegt zwar im Ermessen des einzelnen; wohl aber soll sie in der Bitte an Gott um besondere Führung, Befähigung zur Ehe und Bewahrung vor einer falschen Bindung erfolgen.
zu heiraten, wenn er zurechnungsfähig seine Einwilligung geben kann – jedoch ist es Pflicht der Christen, allein im Herrn zu heiraten. Deswegen sollen diejenigen, die den wahren reformierten7Das Wort „reformiert“ bezieht sich auf die mittelalterlich-scholastische Theologie (wie sich auch heute noch in den offiziellen Lehraussagen der röm.-kath. Kirche vertreten wird), die nach dem Urteil der Heiligen Schrift einem Reformationsprozeß unterworfen wurde. Im Anbruch der Reformation wurde „reformiert“ in diesem Sinn verstanden – und nicht innerprotestantisch-konfessionell; demnach steht es synonym zu „reformatorisch“. Glauben kennen, keine Ehe mit Ungläubigen, Anhängern des Papsttums8„Anhänger des Papsttums“ (und damit Vertreter römisch-katholischer Lehraussagen) werden hier, wie auch im Heidelberger Katechismus (HK 80), aufgrund des Bruchs der ersten beiden Gebote (HK 92), den sie bewußt oder unbewußt vollziehen, als Menschen beschrieben, die sich in den Götzendienst verirrt haben. oder anderen, die durch den Bruch des 1. und 2. Gebotes dem Götzendienst verfallen sind, eingehen. Ebenfalls sollen sich die Gottesfürchtigen nicht mit solchen ehelich verbinden, die, ganz anders eingestellt, offenkundig gottlos leben oder verwerfliche Irrlehren9(a) Die Gemeinde Jesu hat den Auftrag zur Reinerhaltung (WB 26,2-A1b; 30,3+A1) biblischer Lehraussagen empfangen. Zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung einer Gemeinde bzw. Kirche ist es wichtig, daß Spaltungen vermieden und lehrmäßige Einheit mit Sorgfalt gesucht werden. Dazu dienen die Bekenntnisschriften, die dem Auslegungsspielraum in der Verkündigung des Evangeliums verbindliche Grenzen setzen. Besondere Verantwortung tragen die von Gott berufenen Presbyter; sie sind je nach ihren Dienstfunktionen (WB 25,3-A1) dazu erwählt, die Gemeinde seelsorgerlich oder durch die Predigt, Sakramentsverwaltung (WB 27,4-A1) und Lehrvermittlung im Glauben anzuleiten, zu festigen und vor Irrwegen zu bewahren.

(b) Wahrer Glaube ist allein lehrhaft nicht zu fassen. Er schließt sowohl die apostolische Lehrverbindlichkeit, die persönliche Aneignung des Heils (HK 21; WB 10.1; 14,2; 15,2;) als auch die Tat (der Nächstenliebe und Mission) (WB 3,3-A1f; 10,1-A1; 16,2; 26,2) mit ein. „Bekenntnistreue“ stellt deshalb nur einen Teilaspekt des Glaubens dar und muß im Einklang mit den anderen stehen.

(c) Die Gemeinde ist zum öffentlichen Urteil über Irrlehre (Häresie) verpflichtet, doch ist darin auch Vorsicht geboten, da nicht jeder Irrtum dasselbe Gewicht hat. Gemeindeglieder, die in einzelnen Lehrstücken mangelnde Einsicht aufweisen, sollen deshalb in christlicher Toleranz getragen und zur Schrift geführt werden. Für die Diener des Wortes ist im Rahmen ihres Amtes und der Lehrverantwortung, die sie tragen, diese Art der Toleranz nicht möglich.
vertreten.

Artikel 24.4

Eine Ehe darf nicht innerhalb der Grade der Blutsverwandtschaft oder Verschwägerung, die im Wort verboten sind, bestehen. Solche blutschänderischen Ehen können auch niemals durch irgendein menschliches Gesetz oder durch das beiderseitige Einverständnis der Parteien rechtmäßig werden, so dass diese Personen wie Mann und Frau zusammenleben könnten.

Artikel 24.5

Nach dem Verlöbnis begangener Ehebruch oder Unzucht (WB 24,2), die vor der Heirat aufgedeckt werden, geben dem unschuldigen Teil rechtmäßigen Grund, das Verlöbnis zu lösen. Im Fall von Ehebruch nach der Heirat ist es dem unschuldigen Teil10(a) Vor allem Anrecht auf Scheidung ist der geschädigte Eheteil zu einer Haltung der Leidensbereitschaft und Aussöhnung aufgerufen. Ein Christ ist zur Vergebung verpflichtet – auch wenn es sich um Ehebruch handelt.

(b) Im weiteren ist zu bedenken, daß beide Teile Schuld auf sich geladen haben könnten und deshalb beide zur Sündenerkenntnis und Vergebung in Christus geführt werden müssen. Doch sollte auch die Hauptursache einer vorlaufenden Ehezerrüttung beim betrogenen Teil liegen, so wiegt doch der Vollzug des Ehebruchs schwerer; denn der Ehebrecher stellt sich in bewußten Widerspruch zum 7. Gebot (HK 92), gibt seine Ehe ohne Aussöhnung preis, schändet seinen Leib, entehrt die Gemeinde Gottes und zieht sich das Gericht Gottes zu.
erlaubt, eine Scheidung zu erwirken und nach der Scheidung einen anderen zu heiraten, als ob der schuldige Teil tot wäre.

Artikel 24.6

Obwohl der Mensch in seiner Verdorbenheit durchaus fähig ist, sich Gründe dafür auszudenken, um diejenigen unrechtmäßig auseinanderzubringen, die Gott miteinander in der Ehe verbunden hat, gibt es doch keinen ausreichenden Grund für die Auflösung des Ehebundes als Ehebruch oder ein derart mutwilliges Verlassen, das nicht einmal die Kirche oder die staatlichen Behörden verhindern können. Ist diese Voraussetzung gegeben, dann soll auf jeden Fall eine öffentliche und ordnungsgemäße Verfahrensweise eingehalten werden, damit die davon betroffenen Personen nicht ihrem eigenen Willen und dem freien Ermessen in ihrer eigenen Sache überlassen bleiben.

25. Von der Kirche

Artikel 25.1

Die „katholische“ (bzw. allgemeine) oder weltweite Kirche, die unsichtbar ist, besteht aus der gesamten Zahl der Erwählten, welche in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einer Einheit versammelt wurden oder werden – unter Christus als ihrem Haupt. Sie ist die Braut, der Leib, die Fülle dessen, der alles in allen erfüllt.

Artikel 25.2

Die sichtbare Kirche, die ebenso „katholisch“ (bzw. allgemein) oder weltweit unter dem Evangelium ist (nicht begrenzt auf ein Volk wie zuvor unter dem Gesetz), besteht aus all denjenigen in aller Welt, die den wahren Glauben bekennen, und aus deren Kindern. Sie ist das Reich des Herrn Jesus Christus, das Haus und die Familie Gottes; so ist nach Gottes Ordnung (im Rahmen einer wirksamen Berufung (WB 10,1; 15,3; 14,2) und seines Gnadenbundes (WB 10,3; 28,4) ) außerhalb von ihr keine Erlösung möglich.

Artikel 25.3

Dieser allgemeinen sichtbaren Kirche hat Christus das Amt11(a) Das Wort „Amt“ umschreibt bestimmte Funktionen im Gemeindedienst. Man kann vier geistliche Ämter unterscheiden, die ihrerseits aus zwei Gruppen bestehen, den Presbytern und Diakonen.

(b) Den Presbytern (Ältesten) obliegt die Gemeindeleitung; unabhängig von ihren spezifischen Funktionen soll jeder von ihnen lehrfest sein (WB 24,3-A4; 25,3-A1; 27,4-A1), männlichen Geschlechts, einen heiligen Lebenswandel einschließlich seiner Familie führen und den Gemeindegliedern zur Seelsorge zur Verfügung stehen. Sie sollen von Gott berufen, ordnungsgemäß von der Gemeinde gewählt und in ihren Dienst eingeführt (ordiniert) werden.

(c) Für das Wort „Presbyter“ verwendet das neue Testament auch andere Begriffe, wie Aufseher („Bischof“), Leiter, Vorsteher. Die Heilige Schrift kennt kein den Gemeinden übergeordnetes Bischofsamt (WB 25,6+A1; 31,1-5); dies hat sich von der nachapostolischen Zeit an aus hierarchischen Gründen kirchenrechtlich ausgebildet, wobei der Einfluß der Gemeinden auf das Presbyterium zusehends gebrochen und die Presbyter – in den Priesterstand versetzt – als elitäre Gruppe den bloßen „Laien“ gegenübergestellt wurden. Demgegenüber erfolgt die Gemeindeleitung nach dem Neuen Testament kollektiv und nicht hierarchisch. Sie geht unter ständiger Rücksprache mit der Gesamtgemeinde von dem gewählten und abberufbaren Presbyterium (=Ältesten- oder Kirchenrat) aus.

(d) Es können drei Dienstfunktionen (=Ämter) der Presbyter unterschieden werden: (1.) Der Pastor (=Hirte); dieses Amt kann auch mit „Pfarrer“ (hauptberuflich) oder „Lektor“ (nebenberuflich) bezeichnet werden. Er ist in der öffentlichen Verkündigung, Sakramentsverwaltung und (zumindest teilweise) Lehrvermittlung tätig; dies kann auch einen übergemeindlichen Wirkungsbereich z.B. als Evangelist einschließen. Seine Funktion ist – wie bei allen Presbytern – eine grundsätzlich eingegrenzte; deshalb obliegt ihm nicht die allgemeine Gemeindeleitung. (2.) Der Lehrer; ihm obliegt die Lehrvermittlung in Gemeinde- und (vor allem) Jugendschulung. Ist er gleichzeitig ordinierter Lektor oder Pfarrer, so kann er auch in der öffentlichen, gottesdienstlichen Verkündigung und Sakramentsverwaltung tätig sein. (3.) Der Presbyter in einer allgemein seelsorgerlichen (WB 24,3-A4; 26,2-A1b; 30,1-2) sowie spezifisch organisatorischen Leitungs- und Verwaltungsfunktion.

(e) Entsprechend der Wichtigkeit ihres Dienstes genießen die Presbyter, insbesondere die beiden ersten Ämter besonderen Schutz und Hilfestellung durch die Gemeinde. Dies nicht auf Grund der Person, die ein solches Amt bekleidet, sondern auf Grund der göttlichen Autorität, die hinter der Wortverkündigung und Lehrvermittlung steht.

(f) Der Diakon, als viertes geistliches Amt, ist vor allem für soziale Hilfeleistungen an Gemeindegliedern zuständig und kann zu (missionarischen) Diensten beauftragt werden, die der öffentlich-gottesdienstlichen Verkündigung untergeordnet sind. Als Mitglied des Presbyteriums (KIrchenrates) soll er männlichen Geschlechts sein und dieselben geistlichen Voraussetzungen erfüllen, wie die Presbyter (WB 25,3-A1b). Weibliche Diakone unterstehen, wie auch die übrigen nebenberuflichen Mitarbeiter einer Gemeinde, der Leitung des Presbyteriums.

(g) Ein geistliches Amt setzt eine besondere natürliche Befähigung und göttliche Berufung voraus, die in der Regel (WB 10,1-A1c; 25,3-A1h) von der Gemeinde erkannt und öffentlich durch eine Ordination bestätigt wird. Diese besondere Berufung und Ordination ist jedoch nicht identisch mit dem „allgemeinen Priestertum“, das die gesamte geheiligte, priesterliche Gemeinde unter dem freien Zugang zur Gnade (ohne menschliche Vermittlung) zur Dienstbereitschaft und Hingabe an Gott aufruft. Der „Amtsbegriff“ schützt die Gemeinde vor der Willkür selbsternannter Prediger und rüstet den Amtsträger mit der nötigen Autorität und Legitimation für seinen Dienst aus. In dieser Stellung trägt er auch besondere Verantwortung vor Gott. Eine Unterscheidung von „geistlichem“ (Pfarrer) und „weltlichem Amt“ (übrige Presbyter) ist zu vermeiden, denn das führt allzuleicht zu einer hierarchischen, auf Einzelpersonen ausgerichteten Abhängigkeit und lähmt das Verantwortungsbewußtsein und die Mitarbeit der Gemeindeglieder.

(h) In Zeiten kirchlichen Niedergangs, eines fehlenden Verantwortungsbewußtseins für den örtlichen, heimatbezogenen oder weltweiten Missionsauftrag, kann Gott die Berufung zum Verkündigungsdienst auch außerhalb der vorgegebenen Ordnung aussprechen. Ist dies der Fall, so kommt sie einem Gericht über vorfindliche christliche Gemeinden bzw. Kirchen gleich. Das Hugenotten-Bekenntnis von 1559 sagt dazu: „Wir glauben, daß niemand sich aus eigener Autorität zur Gemeindeleitung eindrängen darf, sondern daß dies durch Wahl geschehen muß, soweit es möglich ist und Gott es zuläßt. Diese Ausnahme fügen wir ausdrücklich hinzu, weil es manchmal – ja selbst zu unserer Zeit – nötig gewesen ist, wo der Zustand der Kirche gestört war, daß Gott Leute auf außerordentliche Weise erweckt hat, um die Kirche, die in Verfall und Verwüstung darniederlag, wiederherzustellen. Aber wie dem auch sei, wir glauben, daß man sich immer an diese Regel halten müsse, daß alle Pastoren, Vorsteher und Diakone ein Zeugnis haben, zu ihrem Amt berufen zu sein (Artikel 31).“
, die Weissagungen (Wortverkündigung) und Ordnungen Gottes (Sakramentsverwaltung) gegeben zur Sammlung und Vollendung der Heiligen in diesem Leben bis zum Ende der Welt und macht sie durch seine persönliche Gegenwart und seinen Geist gemäß seiner Verheißung dazu wirksam.

Artikel 25.4

Diese allgemeine Kirche ist zuzeiten mehr, manchmal weniger sichtbar gewesen; wobei die ihr zugehörigen Teilkirchen mehr oder weniger rein sind – je nachdem in ihnen die Lehre des Evangeliums mehr oder weniger rein verkündigt und angenommen wird, die Sakramente verwaltet (WB 30,3; 30,4) werden und die öffentliche Gottesverehrung vollzogen wird.

Artikel 25.5

Die reinsten Kirchen unter dem Himmel sind beidem, Vermischung und Irrtum, unterworfen, und einige sind so entartet, daß sie nicht Kirchen Christi, sondern Synagogen des Satans geworden sind. Trotzdem muß es immer eine Kirche auf Erden geben, um Gott in der Weise zu verehren, die seinem Willen entspricht.

Artikel 25.6

Es gibt kein anderes Haupt der Kirche als den Herrn Jesus Christus. So kann der Papst von Rom überhaupt nicht in irgendeinem Sinn deren Haupt sein, vielmehr verkörpert er in seinem Selbstverständnis und durch die offiziellen römisch-katholischen Dogmen eine ihrem Wesen nach antichristliche12(a) Unter dem Antichristen versteht die Heilige Schrift eine Vielzahl von Personen, die unter Vortäuschung christlicher Frömmigkeit im Namen Gottes und seiner Kirche auftreten und das Evangelium durch Irrlehre (WB 24,3-A4b-c; 26,2-A1b) verfälschen. Deshalb urteilt der Apostel Johannes: „Sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht von uns.“

(b) In diesem Sinn sahen die Reformatoren im Papsttum die Ausprägung jenes kommenden Antichristen (typologisch gesehen: jenes immer wieder auftretenden „Menschen der Bosheit“, mit dem die Kirche seit der Himmelfahrt bis zur Wiederkunft Christi im endzeitlichen Kampf liegt), der sich nach den Worten des Apostels Paulus in den Tempel Gottes setzen, das ist die Kirche des Neuen Bundes, und statt göttlicher Vollmacht (WB 25,3; 30,1-4; HK 83-85) einen selbst angemaßten, geistlichen und gesellschaftspolitischen Herrschaftsanspruch entfalten wird: „Laßt euch von niemandem verführen, in keinerlei Weise; denn zuvor muß der Abfall kommen und der Mensch der Bosheit offenbar werden, der Sohn des Verderbens. Er ist der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, (WB 21,1-5) so daß er sich in den Tempel Gottes setzt und vorgibt, er sei Gott.“

(c) Dieses Urteil der Reformatoren hat nichts an biblischer Begründung und Aktualität verloren. Es verschärft sich vielmehr durch die ökumenisch-synkretistische Annäherung (ehemaliger)(WB 25,4-5; 31,4-5; 10,4) Reformationskirchen mit der Papstkirche und heidnischen Religionsgemeinschaften und durch den damit verbundenen weltweiten ideologisch-gesellschaftspolitischen Einfluß. Solche ökumenischen Eigungsversuche verkennen im übrigen den Umstand, daß sich die dogmengeschichtliche Entwicklung innerhalb der römisch-katholischen Kirche im Blick auf ihre „unfehlbaren“ Lehrsätze und das päpstlich-hierarchische Kirchenrecht bedenklich antichristlich und diktatorisch zuspitzt.
Lehre.

26. Von der Gemeinschaft der Heiligen

Artikel 26.1

Alle Heiligen, die mit Jesus Christus – ihrem Haupt – vereint sind, durch seinen Geist und im Glauben, haben Gemeinschaft mit ihm sowohl in seinen Gnadengaben als auch in seinem Leiden, seinem Tod in seiner Auferstehung und Herrlichkeit. Da sie miteinander in Liebe verbunden sind, unterstützen sie sich gegenseitig mit ihren natürlichen und geistlichen Gaben und sind verpflichtet, im öffentlichen und privaten Rahmen solche Hilfestellungen zu leisten, die zum gegenseitigen Wohl beitragen; sei es in geistlichen oder natürlichen Belangen.

Artikel 26.2

Die sich als Heilige bekennen, sind verpflichtet, in der Verehrung Gottes und in der Erfüllung jener geistlichen Dienste, die auf ihre gegenseitige Erbauung hinauslaufen, eine heilige Gemeinschaft und brüderlichen Umgang miteinander zu pflegen. Ebenso sind sie verpflichtet, einander in äußeren Dingen entsprechend ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Bedürfnissen zu helfen. Wenn Gott Gelegenheit dazu gibt, soll diese Gemeinschaft auf all diejenigen ausgedehnt werden13(a) Das Evangelium verpflichtet, auch jenen notleidenden, wiedergeborenen Christen geistliche und materielle Hilfe zukommen zu lassen, die nicht denselben reformatorischen Bekenntnisstand ausweisen. Der Entzug christlicher Hilfsbereitschaft aus dogmatischen Gründen wäre ein Schlag gegen die Bermherzigkeit und Liebe Jesu Christi.

(b) Zur evangelistischen Durchdringung der Bevölkerung kann eine überkonfessionelle Zusammenarbeit erforderlich werden, um in geeinter Kraft Menschen für Christus zu gewinnen und vor dem Gericht Gottes zu bewahren. Da die Gemeinde jedoch nicht nur den Missionsauftrag empfangen hat, sondern auch den Auftrag zur Reinerhaltung der apostolischen Lehre, steht die überkonfessionelle Zusammenarbeit im Spannungsfeld beider Gebote. Die Entscheidung darüber liegt in regionalen Angelegenheiten beim Presbyterium (WB 25,3-A1c) (das für Lehre, Sakramentsverwaltung und kirchliche Zucht verantwortlich ist), in überregionalen bei der Synode (WB 31,1+A1). Sie muß je nach Situation immer wieder neu überdacht werden, in einer Haltung, die sowohl den Gehorsam zum Wort Gottes ernst nimmt als auch Andersdenkenden Barmherzigkeit zukommen läßt.
, die an allen Orten den Namen des Herrn Jesus anrufen.

Artikel 26.3

Diese Gemeinschaft, die die Heiligen mit Gott haben, verschafft ihnen in keiner Weise einen Anteil am Wesen seiner Gottheit, sie macht auch niemanden Christus ebenbürtig; beides zu behaupten wäre ehrfurchtslos und lästerlich. Ihre Gemeinschaft untereinander als Heilige entzieht oder verletzt auch kein Eigentum oder den Anspruch auf das, was einem jeden Menschen an Gütern und Besitz gehört.

27. Von den Sakramenten

Artikel 27.1

Die Sakramente sind heilige Zeichen und Siegel des Gnadenbundes, unmittelbar von Gott eingesetzt, um Christus und seine Wohltaten darzustellen und unseren Anteil an ihm zu bekräftigen. Zugleich stellen sie auch eine sichtbare Unterscheidung zwischen denen dar, die zur Kirche gehören, und dem Rest der Welt und verpflichten diese öffentlich, Gott in Christus nach seinem Wort zu dienen.

Artikel 27.2

In jedem Sakrament gibt es eine geistliche Beziehung oder sakramentale Vereinigung zwischen dem Zeichen und der bezeichneten Sache; das führt dazu, daß die Benennungen und Wirkungen des einen14Es verhält sich ähnlich, wie eine ganze Reihe von neutestamentlichen Begriffen (z.B. „Erlösung durch sein Blut“, „das Wort vom Kreuz“ ), die symbolisch von der Rechtfertigung in Christus sprechen. auch dem anderen zugeschrieben werden.

Artikel 27.3

Die in den Sakramenten oder durch sie angebotene Gnade wird bei rechtem Gebrauch nicht durch irgendeine in ihnen liegende Kraft (auf den Menschen) übertragen (WB 14,3; 28,5; 28,6; 28,7; 29,7); auch hängt die Wirksamkeit15(a) Die „Wirksamkeit“ der Sakramente besteht darin, daß zeichenhaft eine „Verheißung der Wohltat Gottes“ nahegebracht wird. Die auf solche Weise vermittelte Verheißund gründet sich in die dazu vorgesehenen Einsetzungsworte, die Worte der Verheißung sind. Sie sprechen uns die Wohltat Gottes zu, zum Glauben berufen zu sein. Diese Verheißung der Berufung und Ewählung, im Sakrament symbolisch dargestelle, muß jedoch stets neu – was das Wesen einer Verheißung ausmacht – im Glauben ergriffen werden. So bekräfitigen die Sakramente das bestehende Bundesverhältnis in Christus und fordern zur Beharrung (WB 15,4-6; 18,1.4) darin auf.

(b) Diese Glaubenshaltung orientiert sich ausschließlich an der Heilszusage Gottes, an seiner Treue, die Garant dafür ist, daß er einlösen wird, was er versprochen hat – sofern wir Glauben bewahren. Deshalb „bewirkt“ ein Sakrament etwas: Es versiegelt Gottes Zusage an unserem Gewissen, stärkt uns durch den Zuspruch der Vergebung unserer Schuld, erfüllt uns mit Glaubensmut und Trost angesichts der Liebe Christi, in der wir geborgen sind, und macht uns seine Gegenwart im Heiligen Geist greifbar nahe. Aus diesem Grund werden Taufe und Abendmahl als „Gnadenmittel“ bezeichnet.

(c) In sich selbst jedoch ist kein Sakrament heilswirksam; infolgedessen ist sein Empfang auch nicht heilsnotwendig (WB 28,5+A2). Es übereignet das Heil im Sinn einer verbindlichen Zusage Gottes, nicht jedoch Vergebung, Wiedergeburt, ewiges Leben selbst (WB 14,2; 15,1-2). Heil läßt sich nicht durch einen sakramentalen Ritus mechanisch, punktuell während des Empfangs oder gar durch einen priesterlichen Weiheakt zueignen. Es geht nicht um einen starren, unveränderlichen Besitz, der rituell empfangen werden könnte; vielmehr wird der Mensdh (der von Geburt an im Bundesverhältnis mit Gott lebt) (WB 28,4-A2c-e; 29,7+A1) in die wachsende Verantwortung hineingestellt, den sakramental beglaubigten Zuspruch des Heils fest zu ergreifen.
eines Sakramentes nicht von der Frömmigkeit oder Absicht dessen ab, der es verwaltet, sondern von dem Werk des Geistes und dem Wort der Einsetzung. Dies enthält – verbunden mit einer Vorschrift, die zu seinem Gebrauch bevollmächtigt – eine Verheißung der Wohltat für würdige Empfänger.

Artikel 27.4

Es gibt nur zwei Sakramente, die von Christus, unserem Herrn, in den Evangelien eingesetzt sind, nämlich die Taufe und das Abendmahl des Herrn, von denen keines von jemand anderem als einem rechtmäßig ordinierten Diener des Wortes16Da die Sakramente zeichenhaft verkündigtes Wort Gottes darstellen, liegt ihre Verwaltung in der Verantwortung jener Presbyter (WB 25,3+A1d; 29,7-A2), die von der Gemeinde zur Wortverkündigung beauftragt sind. ausgeteilt werden darf.

Artikel 27.5

Die Sakramente des Alten Testamentes waren im Blick auf die geistlichen Dinge, die durch sie bezeichnet und angeboten wurden, dem Wesen nach dieselben wie die des Neuen.

28. Von der Taufe

Artikel 28.1

Die Taufe ist ein Sakrament des Neuen Testamentes, von Jesus Christus eingesetzt, nicht bloß zur öffentlichen Aufnahme des Täuflings in die sichtbare Kirche, sondern auch, damit sie für diesen ein Zeichen und Siegel des Gnadenbundes sei, des Eingepflanztwerdens in Christus, der Wiedergeburt, der Sündenvergebung und seiner Übergabe an Gott durch Jesus Christus, um das Leben aus der Erneuerung (WB 15,1-2; 19,6; 20,1) zu führen. Die Verwaltung dieses Sakramentes soll in der Kirche Christi – nach seinem ausdrücklichen Auftrag – bis an das Ende der Welt fortbestehen.

Artikel 28.2

Das äußere Element, das in diesem Sakrament gebraucht wird, ist Wasser, womit der Betreffende durch einen ordnungsgemäß berufenen Diener (WB 25,3) des Evangeliums im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes (WB 28,7) getauft werden soll.

Artikel 28.3

Das Untertauchen17(a) Beim Taufvollzug geht es nicht um die Form, sondern um den Inhalt. Das Wort „Taufe/taufen“ (baptismos/bapto, baptizo) hat die zugrundeliegende Bedeutung von „eintauchen, untertauchen, färben (in Farbe tauchen); sich waschen; vernichten“. Der Bedeutungsschwerpunkt liegt nicht im Vollzug eines Untertauchens, sondern bei dem Gedanken der Reinigung. Als kultische, symbolische Reinigung ist die Taufe ein „Abwaschen der Sünden“ (HK 69). Auch das Mitsterben und Mitauferstehen mit Christus durch die Taufe nach Röm 6,3-4 spricht nicht von der Art und Weise des Taufvollzugs, sondern davon, daß die Taufe die Vergebung der Sünde aus der Kraft des Todes und der Auferstehung Christi besiegelt. Ihrem Wesen nach entspricht die Taufe den zahlreichen Reinigungsgeboten durch rituelle Waschung oder Besprengung im Alten Testament, die jedoch in Christus aufgehoben sind (WB 19,3).

(b) Für die Art und Weise des Taufvorgangs wird bereits in der „Zwölfapostellehre“ (Didache, 1. Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts) der allgemeine Brauch bestätigt, daß bei Wassermangel „das Haupt dreimal begossen werden soll“. Bereits im Alten Testament kündigt der Prophet Hesekiel die Taufe als „Besprengung“ an, wobei es für die Symbolkraft der Reinigung unbedeutend ist, ob ein Besprengen, Begießen, Ein- oder Untertauchen praktiziert wird. In der neutestamentlichen Zeit dürfte sehr oft, bedingt durch die Wasserknappheit Palästinas und örtliche Gegebenheiten, das Besprengen oder Begießen stattgefunden haben, was sich aus folgenden Umständen schließen läßt: Wie sollten die Apostel zu Pfingsten so viel Wasser finden, um dreitausend Menschen an einem Tag durch Untertauchen zu taufen? Führt Apg 9,18-19 nicht zur selbstverständlichen Annahme, daß auch Paulus an demselben Ort an dem ihn Ananias aufsuchte, durch Besprengen oder Begießen getauft wurde? Dasselbe gilt auch für Apg 10,47-48 (Kornelius) und Apg 16,31-34 (hier ereignet sich die Taufe des Kerkermeisters mit seiner Familie – um Mitternacht! – in der örtlichen Begrenzung des Gefängnisses und der Aufseherwohnung). Auch lassen Stellen wie Mt 3,6.16 (Johannes der Täufer) oder Apg 8,38-39 (Kämmerer) hinsichtlich der Bedeutungsvielfalt der Worte „en, ek, apo“ (in/zu, aus/vom) die Art und Weise des Taufvollzugs offen; damit auch die Frage, ob die Betreffenden in das Wasser oder nur zum Wasser gingen. An keiner einzigen Stelle des Neuen Testaments wird ein bestimmter Taufvorgang in seinen Einzelheiten dargestellt oder gefordert.
der Personen in Wasser ist nicht notwendig, sondern die Taufe ist durch Begießen und Besprengen der Person mit Wasser recht erteilt.

Artikel 28.4

Nicht nur diejenigen, die selbst18(a) Man kann der Form nach zwischen der Spättaufe (Erwachsenentaufe) und der Kindertaufe (Säuglingstaufe) unterscheiden.

(b) Die Spättaufe darf jedoch nicht mit dem mißverständlichen Begriff der „Glaubenstaufe“ verwechselt werden (sonst müßte man nach Röm 4,11 auch von einer „Glaubensbeschneidung“ sprechen), da die Taufe kein Glaubensbekenntnis des Menschen zu Gott, sondern das Bekenntnis Gottes zum erlösten (HK 69-73) Menschen ist. Die Spät- oder Erwachsenentaufe wird – wie die Beschneidung im AT bei Abraham und anderen erwachsenen Personen (samt ihren Kindern), die in das Volk Gottes eingegliedert werden – in einem missionarischen Sinn beschrieben, indem Juden oder Heiden nach ihrer Umkehr zu Christus durch das Bundeszeichen der Taufe in die neutestamentliche Gemeinde eingegliedert werden. In diesem Sinn ist auch heute eine Spättaufe naheliegend, wenn ein ungetaufter Mensch zum Glauben an Jesus Christus findet. Ein Taufaufschub bis zu einer allfälligen Spättaufe ist dann geboten, wenn ein Sakramentsmißbrauch verhindert (WB 30,4+A1) werden soll, weil etwa die Bundeszugehörigkeit eines Kindes und dessen Erziehung im Glauben durch die familiären Umstände zweifelhaft erscheinen (WB 28,4-A2f; 28,7-A1).

(c) Die Kindertaufe war zur Zeit des Neuen Testaments im Judentum eine selbstverständliche Praxis, die in die Zeit vor Christus zurückreicht (weit vor Hillel/Schammai, 30 v.Chr.). Weil nach biblischem Verständnis auch die Kinder eines oder beider Elternteile in den Gnadenbund Gottes eingeschlossen sind, wurden in dieser „Proselytentaufe“ auch die Kleinkinder jener Bekehrten getauft, die sich dem Judentum zugewandt hatten. Da die Familie von Gott als geschlossene Einheit („oikos“, Haus/Haustafel/Familie) gedacht ist, im Alten und Neuen Testament vielfach bezeugt, ist es naheliegend, daß die Taufe der Kinder etwas Selbstverständliches war und deshalb im Neuen Testament nicht ausdrücklich erwähnt wird – weil doch die heilsgeschichtliche Missionssituation den Schwerpunkt auf die Bekehrung und Einbeziehung der Heiden in die Verheißung des Bundesvolkes Gottes legte. Die Kindertaufe innerhalb der christlichen Kirche läßt sich ab Mitte des 2. Jahrhunderts direkt, davor indirekt nachweisen. Indirekte (WB 1,6-7) Hinweise stammen u.a. von der „Apoloogie (150), Justinus (110-165) und Irenäus (+/-185), die auf die Zeit vor und nach der ersten Jahrhundertwende rückschließen lassen. Direkte Erwähnung der Kindertaufe findet sich u.a. bei Hippolyt (+/-200), Origenes (185-254), der die Kindertaufe als einen „Brauch“ bezeichnet, „der von Aposteln übernommen“ worden ist), Cyprian (210-258) und Augustinus (354-430). Für kritische Stellungnahmen zur Kindertaufe sind vor allem Tertullian (+/-205), Gregor von Nazianz (+/-380) und Pelagius (+/-400) bekannt. Sie wehren die Kindertaufe nicht als „Neuerung“ ab, sondern haben theologische Anfragen, die damit zusammenhängen, daß die Kirchenväter in der Regel die Taufe als Mittel zur Sündenvergebung betrachteten, sodaß für Tertullian die Kindertaufe im Blick auf das von ihm angenommene „unschuldige Kindesalter“ (innocens aetas) für unnötig hielt – oder noch schärfer ausgeprägt Pelagius, der die Erbsünde durch die Behauptung eines „freien Willens“ (WB 9,3+A1) leugnete und deshalb mit der Säuglingstaufe als Mittel zur Vergebung nichts anfangen konnte. Gregor von Nazianz wiederum empfahl statt der Säuglingstaufe ab dem 3. Lebensjahr zu taufen, damit die „heilige Handlung“ bewußter erlebt werden kann. Diese Entwicklung setzte sich dann parallel zur Kindertaufe bei vielen in dem Gendanken fort, die „Vergebung durch die Taufe so spät wie möglich in Anspruch zu nehmen“, weil die „Vergebung der Sünden nach der Taufe schwerer zu erlangen sei“ (oder um noch ungestörter sündigen zu können?).
den Glauben an Christus und den Gehorsam gegen ihn bekennen, sondern auch die jungen (HK 74) Kinder19(a) Die Kinder gläubiger Eltern oder Elternteile haben durch die unverdienbare, völlig souveräne Gnade Gottes Anteil an der Erlösung in Christus. Dies gründet sich nicht in der menschlichen Abstammung von frommen Eltern, sondern in Gottes freier Wahl, seinem Ruf und seinen Verheißungen, durch die er die Alten und die Jungen gleichermaßen in sein Reich einschließt. Wie die alttestamentliche, so ist auch die Familie im Neuen Testament am Vorbild jenes Bundes ausgerichtet, den Gott mit Abraham und seinen Kindern schloß. Dieser „Alte Bund“ war kein „fleischlicher“, sondern ein „geistlicher“ Bund, der aufgrund einer Verheißung im Glauben ergriffen werden mußte und außerhalb eines lebendigen Glaubens keine Heilswirksamkeit, ja vielmehr Gottes Gericht (WB 28,7-A1; 29,8) nach sich zog. Deshalb sind auch die Kinder jener Gläubigen, die sich von Herzen zu Christus allein bekennen, nicht Heiden, sondern mit ihren Eltern in den „Neuen Bund“ des neutestamentlichen Israel (WB 21,3-A1b-c; 32,2-A1b) hineingestellt.

(b) Die Ansicht, daß grundsätzlich alle Kinder in Christus erlöst wären, ehe sie bewußt sündigen, würde die Erbsünde (WB 6,3-5;) leugnen und einer allversöhnenden Gnade (WB 3,4; 10,4) hinsichtlich der Säuglinge und Kleinkinder das Wort reden. Ähnlich verhält es sich mit der Meinung, kein Kind sei vor einer punktuellen Bekehrung erlöst und im Rahmen der christlichen Familie lediglich „ausgesondert“ (geheiligt), das Evangelium zu hören; dies würde die Bundeszugehörigkeit (WB 7,3.6) der Kinder leugnen. Das neutestamentliche Volk Gottes besteht jedoch nicht nur aus „entscheidungsfähigen“ Halbwüchsigen, Erwachsenen und Greisen – denn Jesus spricht ausdrücklich auch den Säuglingen (tà bréphä) des Bundesvolkes das Heil zu.

(c) Ein genauer Zeitpunkt für die Taufe ist im Gegensatz zur Beschneidung nicht festgelegt. Während es unter der Bekehrung eines Heiden leicht ist, eine „Heilswende“ auszumachen und daraufhin zu taufen, ist dies bei Kindern des Bundes nicht möglich. Auch sie stehen – wie jeder Mensch – vor dem Aufruf zur Umkehr, um durch Glauben die Wiedergeburt zu erlangen; doch vollzieht sich dies nicht punktuell, sondern als ein Heiligungsprozeß steter Umkehr (WB 15,1-6) und Erneuerung, wobei das Kind durch die tägliche Neuausrichtung am Wort Gottes immer tiefer und klarer die Dimension eines bewußten Glaubens erfährt. Das Wirken des Heiligen Geistes äußert sich bei beiden gleich: Der Erwachsene wie sein Kind werden völlig unverdient (WB 10,2) mit dem Heil beschenkt – abgesehen von dem Unterschied, daß der Erwachsene aus bewußter Umkehr lebt, das Kind hingegen in dieses Bewußtsein erst hineinwächst. Punktuelle Entscheidungsstunden können deshalb nicht gefordert werden; finden sie doch statt, so sind sie oft Ausdruck grober lehrmäßiger Vernachlässigung und mangelnder Betreuung der Kleinen oder einer dogmatischen Fehlinterpretation.

(d) Am Bundesverhältnis, das vorbildhaft an der Beschneidung Isaks aufgrund des Glaubens vorgezeichnet ist, orientiert sich die Säuglingstaufe. Sie stellt den äußeren Bundesschluß dar, der das Gewissen des Kindes mit dem Heilszuspruch Christi versiegelt. Sie betont die Zugehörigkeit zum Volk Gottes und die Geborgenheit in der Liebe Christi und fordert die Eltern in ihrer Verantwortung und die Kinder in ihrem Reifeprozeß heraus, die Verheißung zu ergreifen, Treue zu üben und nicht von ihrem Gott abzufallen (WB 17,3; 18,1).

(e) Die Spättaufe stellt keine bessere Bewahrung vor Abfall dar, denn für jede Taufe – unabhängig von Zeitpunkt und Form – muß gelten, daß sie nur im Rahmen eines wahren Bundesverhältnisses vollzogen wird. Keine Taufform vermag in einem absoluten Sinn eine „Gemeinde der Heiligen“ zu garantieren, wenngleich wir durch das Mittel der Kirchenzucht (WB 30,4+A1) darauf hinarbeiten sollen. Trotz bester Absicht kann unser Urteilsvermögen trügen, sodaß sich auch solche ohne wahren lebendigen Glauben zur Taufe einfinden.

(f) Ist jedoch die christliche Erziehung des Kindes durch die Eltern nicht gewährleistet, so muß von einer Taufe Abstand genommen werden (WB 25,4+A1). Dasselbe gilt, wenn ein ungetauftes, älteres Kind der väterlichen Autorität und dem Glauben widerstrebt; in diesem Fall stellt es sich bewußt außerhalb des Bundes und kann erst dann getauft werden, wenn es von der Liebe Christi überwunden wird.
eines oder beider gläubiger Eltern sollen getauft werden.

Artikel 28.5

Obwohl diese Ordnung20(a) Da der entscheidende Grund für die Taufe nicht im Glauben des Getauften sondern in der göttlichen Gnade und im Bundesschluß durch Gott liegt (WB 28,6-A1), würde ein unnötiger Taufaufschub oder eine nicht durch Kirchenzucht begründete Taufverweigerung (WB 28,4-A2f; 30,4+A1) eine Verachtung der Heilszusage Gottes für die Kinder der Gläubigen und ihre mutwillige Ausgrenzung aus dem Leib der Kirche bedeuten. Ein in Gottes Gnadenbund verankertes Gewissen wird deshalb „das Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens“ und die Eingliederung der Kleinen in die sichtbare Kirche Gottes nicht verweigern, sondern mit aller Entschiedenheit und Freude ermöglichen.

(b) Auch wenn ein Hinausschieben der Taufe auf einen sehr späten Termin (z.B. wenn das Kind nicht mehr unmündig ist) aus persönlich lauteren Motiven erfolgen kann, indem dadurch gegen den volkskirchlichen Sakramentsmißbrauch und ein magisch anmutendes Taufverständnis protestiert wird, würde die Preisgabe der schriftgemäßen Ordnung die Bundeszugehörigkeit des Kindes in der Geborgenheit der christlichen Familie (WB 28,4-A2b+d) in Frage stellen. Wird die Taufe (wie auch das Abendmahl) in ihrem Verheißungscharakter nur „geistlich“ gedeutet und nicht mehr vollzogen, so steht dies in noch schärferem Widerspruch zum ausdrücklichen Gebot Christi, der Lehre und Praxis der Apostel.
nicht verachtet oder versäumt werden soll, so sind doch Gnade und ewiges Heil nicht derart untrennbar verbunden, daß niemand ohne21Obwohl die Taufe den Bundesschluß in Christus besiegelt, ist sie in keiner Weise heilsnotwendig, sodaß eine „Nottaufe“ bei Lebensgefahr nötig wäre. Das ist auch der Grund, daß Eltern nach der Geburt ihrers Kindes nicht ängstlich den nächstbesten Termin zur Taufe suchen müssen, sondern jenen, der sich nach freier Wahl so früh als möglich ergibt. Die Taufe ist kein magisch-rituelles Heilmittel (WB 27,3-A1c), sondern sichtbarer Ausdruck der göttlichen Verheißungen, durch die das heranwachsende Kind in seiner Glaubensentwicklung gefördert werden soll. sie wiedergeboren ode gerettet werden könnte oder daß alle Getauften auch unzweifelhaft wiedergeboren wären.

Artikel 28.6

Die Wirksamkeit der Taufe ist nicht an jenen Zeitpunkt (WB 28,3; 28,4; 28,4) gebunden, zu dem sie erteilt wird. Dennoch wird beim rechten Gebrauch dieser Ordnung die verheißene Gnade nicht bloß angeboten, sondern auch wirklich dargeboten und übereignet22Die „verheißene Gnade“ wird im Sinn einer verbindlichen Zusage Gottes übereignet, nicht jedoch Vergebung, Wiedergeburt, ewiges Leben selbst (WB 27,3-A1; 28,5-A2; 29,7-A2). Die Taufe stellt den äußeen Bundesschluß dar, der das innere Bundesverhältnis (WB 28,4-A2a-e) besiegelt; Calvin formuliert das folgendermaßen: „Da der Bund des Herrn vor allem durch die Taufe mit uns geschlossen wird, taufen wir auch mit gutem Recht unsere Kinder, denn sie habn an dem ewigen Bunde teil (WB 7,3.6), durch den der Herr verheißt, daß er nicht allein unser Gott (HK 92), sondern auch der unserer Kinder und Kindeskinder sein wird.“

In diesem Bundesschluß wird das Bewußtsein des Heils empfangen: „Paulus lehrt, daß Christus die Kirche durch das Lebenswort heiligt und durch die Wassertaufe reinigt. Er sagt weiterhin, daß wir in den Tod Christi getauft sind, um, in ihm begragen, in einem neuen Leben zu wandeln. Das heißt jedoch nicht, daß das Wasser Ursache oder auch nur Hilfsmittel der Reinigung und Wiedergeburt wäre, sondern nur, daß in diesem Sakrament das Bewußtsein dieser Gaben empfangen wird. Es besagt, daß wir das, was wir als vom Hernn geschenkt glauben, gewährt erhalten und empfangen, ob wir diese Gabe nun zum ersten Mal erfahren oder sie schon kannten und ihrer nur noch tiefer versichert werden“ (Aus dem Genfer Katechismus von 1537).
durch den Heiligen Geist an solche Erwachsene oder Kinder, die diese Gnade von Gott nach seinem eigenen Willensentschluß zu der von ihm festgesetzten Zeit erhalten.

Artikel 28.7

Das Sakrament der Taufe wird jeder Person nur einmal23(a) Der Streit um die „Wiedertaufe“ ist sehr alt und reicht in die frühe Kirchengeschichte zurück (Tertullian, Donatismus usw.). Damals ging es um die Frage, inwiefern Sakramente gültig wären, wenn der Spender (Diener des Wortes) unheilig lebte – und inwiefern die Taufe von „Ketzern“ anerkannt werden könnte. Das Problem dieser Fragestellung ist, daß man die objektive Gültigkeit der Sakramente (und in ihnen das Wort Gottes selbst) vom subjektiven Erleben des Menschen abhängig macht. Die Heiligkeit des Spenders oder Empfängers eines Sakramentes berührt nicht die Gültigkeit, sondern die Art und Weise der Wirksamkeit: ob Segen oder Fluch. Mißbrauch tastet grundsätzlich die Heiligkeit Gottes an und schadet seiner Gemeinde; so sind wir auch aufgefordert, die Sakramente rein zu verwalten und in Heiligkeit zu leben (WB 13; 15,5-6; 18,1; 27,1).

(b) Deshalb ist jede Taufe objektiv gültig, die im kirchlichen Rahmen auf den Namen Jesu oder des dreieinigen Gottes vollzogen wurde. Wird dieser Bund (WB 7,6; 28,4-A2d) außerhalb einer wahren lebendigen Glaubensbeziehung mit Gott eingegangen, so steht er zwar in der Biographie des Menschen fest, zieht jedoch Gottes Gericht nach sich; der Verheißungscharakter wird gewissermaßen ins Negative umgepolt. In diesem Sinn „nützt“ eine Taufe (wie auch das Abendmahl) nichts, vielmehr schadet sie in erschreckendem Maß. Gerade weil einmal im Leben empfangene Sakramente unwiederholbar gültig sind, wohnt ihnen diese derart unheilvolle Gerichtsträchtigkeit bei, denn „Gott läßt sich nicht spotten“.

(c) Erkennt jemand erst in einer späteren Phase seines Lebens den Glauben an – Christus allein – in seiner vollen Bedeutung, obwohl er bereits getauft worden ist, so verliert die Taufe durch die Barmherzigkeit Gottes ihre Gerichtsträchtigkeit. Dabei empfängt sie ihre eigentliche Dimension als verbindliche heilsverheißung, weil sie nun durch wahren Glauben belebt wird.
erteilt.

29. Vom Abendmahl des Herrn

Artikel 29.1

Unser Herr Jesus setzte in der Nacht, in der er verraten wurde, das Sakrament seines Leibes und Blutes, genannt das Abendmahl des Herrn, ein, damit es in seiner Kirche bis ans Ende der Welt gehalten würde: zur immerwährenden Erinnerung an sein eigenes Opfer in seinem Tod; zur Versiegelung aller seiner daraus stammenden Wohltaten an den wahren Gläubigen; zu ihrer geistlichen Nahrung und ihrem Wachstum in ihm; zu ihrem weiteren Eifer im Dienst und in der Bindung an alle Pflichten, die sie ihm schulden; und zu einem Band und Pfand ihrer Gemeinschaft mit ihm und miteinander als Glieder seines verborgenen (WB 25,1) Leibes.

Artikel 29.2

In diesem Sakrament wird Christus nicht dem Vater aufgeopfert, auch gar kein wirkliches Opfer für die Vergebung der Sünden von Lebenden und Toten vollzogen. Vielmehr handelt es sich nur um die Erinnerung an das eine Opfer, das er – ein für allemal – durch sich selbst am Kreuz dargebracht hat; so stellt es eine geistliche Opfergabe in Form jedes nur möglichen Lobpreises Gottes für die Wohltat der Vergebung dar. Deshalb erweist sich das römisch-katholische „Meßopfer“, wie sie es nennen, als eine ganz abscheuliche Beschimpfung des einmaligen (WB 8,5) und einzigen (nicht wiederholbaren) Opfers Christi, das die alleinige Versöhnung für alle Sünden der Erwählten ist.

Artikel 29.3

Der Herr Jesus hat seine Diener beauftragt, sein Einsetzungswort vor den Menschen zu sprechen, zu beten und die Elemente von Brot und Wein zu segnen und sie damit von einem gewöhnlichen Gebrauch zu einem heiligen abzusondern, das Brot zu nehmen und zu brechen, den Kelch zu nehmen und (wobei sie auch selbst teilnehmen) beides den Kommunikanten zu geben – aber an niemanden, der sich nicht dazu in der Gemeinschaft versammelt hat.

Artikel 29.4

Im Widerspruch mit dem Wesen dieses Sakraments und zur Einsetzung Christi stehen: Privatmessen oder der Empfang des Sakraments als Einzelperson von einem Priester oder irgend jemand anderem; ebenso die Verweigerung des Kelchs gegenüber den Gemeindegliedern; gottesdienstliche Verehrung der Elemente – deren Emporheben (Elevation) oder Umhertragen zur Anbetung und Aufbewahrung zu irgendeinem angeblich gottesdienstlichen Gebrauch.

Artikel 29.5

Wenn die äußeren Elemente dieses Sakraments ordnungsgemäß ausgesondert wurden, wie Christus es aufgetragen hat (WB 25,3; 29,7), so beziehen sie sich insofern auf ihn als den Gekreuzigten, als daß sie mitunter – wahrhaftig, doch nur sakramental (WB 27,3; 29,7) – auf dieselbe Weise benannt werden, wie die Dinge, die sie repräsentieren, nämlich als Leib und Blut Christi. Dies geschieht, obwohl sie nach Wesen und natürlicher Beschaffenheit wahrhaftig und allein Brot und Wein bleiben, wie sie es zuvor gewesen sind.

Artikel 29.6

Jene Lehre, die eine Wandlung des Wesens von Brot und Wein in das Wesen von Christi Leib und Blut (allgemein Transsubstantiation genannt) durch die Weihe (Konsektration) eines Priesters oder auf irgendeine andere Weise behauptet, ist nicht allein mit der Schrift im Widerstreit, sondern ebenso mit dem gesunden Menschenverstand und der Vernunft. Sie verfälscht das Wesen des Sakraments und ist immer noch die Ursache für vielfachen Aberglauben (HK 47; 48; 80; WB 21,1; 27,3), ja gröbsten Götzendienst.

Artikel 29.7

Würdige Empfänger24Wie auch bei der Taufe legt das Neue Testament kein bestimmtes Alter fest, das zum Abendmahlsempfang berechtigen würde. Wohl aber wird die Unterscheidungsfähigkeit zwischen der geistlichen Dimension und der normalen Nahrungsaufnahme erwartet. Der Teilnehmer muß die geistliche Bedeutung verstehen (WB 14,2; 29,8), sodaß er die zeichenhafte Heilsverheißung des Sakraments auch im Glauben ergreifen kann. Während die Taufe grundsätzlich passiv erfolgt (man wird getauft), liegt im Abendmahl die aktive Teilnahme im Vordergrund: Selbstprüfung, mündiger Glaube, Gedenken an den Tod Christi, Trost aus der Verheißung der Vergebung. Deshalb ist es in Reformationskirchen üblich, erst nach dem öffentlichen Bekenntnis des Glaubens vor der Gemeinde (Konfirmation, Aufnahme als Bekenntnisglied) die Teilnahme am Abendmahl zu gestatten. Im übrigen ist die örtliche Gemeinde für die Reinerhaltung der Abendmahlsgemeinschaft (Tisch des Herrn) durch das Mittel der kirchlichen Zucht (WB 30,4+A1) verantwortlich. Dies ist jedoch nur innerhalb der Gemeinde möglich, deshalb ist das Presbyterium verpflichtet, ortsfremde Gäste erst dann zur Teilnahme zuzulassen, wenn sie (z.B. durch ein Glaubensgespräch) ihren schriftgemäßen Glauben an Jesus Christus ausgewiesen haben. haben äußerlich an den sichtbaren Elementen dieses Sakramentes teil; innerlich empfangen sie den gekreuzigten Christus mit allen Wohltaten seines Todes und speisen sich an ihm wahrhaftig und wirklich im Glauben – jedoch nicht „fleischlich“ und leiblich, sondern geistlich. Demnach sind Leib und Blut Christi nicht leiblich, beziehungsweise „fleischlich“ in, mit oder unter Brot und Wein; doch sind sie in dieser Ordnung ebenso wirklich gegenwärtig, aber geistlich für den Glauben der Gläubigen25Der Heilige Geist vermittelt als Träger des Wortes Gottes die Verheißungen Christi, nicht aber seinen auferstandenen Leib. Sei es, daß wir Christus im gepredigten (Heilige Schrift) oder im zeichenhaften Wort Gottes (Sakrament) begegnen: beides geschieht nicht auf leibliche Weise, sondern dadurch, daß der Heilige Geist unserem Verstand die Zusagen des Wortes Gottes aufschlüsselt und unser Vertrauen darauf lenkt., wie es die Elemente selbst für die äußere Sinneswahrnehmung sind.

Artikel 29.8

Obwohl gottlose Menschen und solche, denen das geistliche Verständnis fehlt, die äußeren Elemente in diesem Sakrament empfangen, empfangen sie doch nicht die durch sie bezeichnete Sache, vielmehr werden sie zu ihrer eigenen Verurteilung am Leib und Blut des Herrn schuldig, weil sie unwürdig hinzutreten. In dem Maß, wie solche Personen unfähig sind, sich an der Gemeinschaft mit ihm zu freuen, in dem Maß erweisen sie sich als unwürdig, am Tisch des Herrn teilzunehmen. Wenn sie in diesem Zustand verharren, dürfen sie nicht ohne groß Sünde gegen Christus an diesen heiligen Geheimnissen teilnehmen oder dazu zugelassen (WB 30,3; 30,4) werden.

30. Von der Notwendigkeit der Kirchenzucht

Artikel 30.1

Als König und Haupt seiner Kirche hat Jesus, der Herr, den Verantwortlichen der Gemeinden eine bestimmte Art der Kirchenleitung anvertraut (WB 25,3), die sich grundsätzlich davon unterscheidet, wie ein Staat (WB 23,1) regiert wird.

Artikel 30.2

Diesen Verantwortlichen sind die Schlüssel des Himmelreichs anvertraut, kraft derer sie die Vollmacht haben, entweder Sünden zu behalten oder zu vergeben: das Reich Gottes durch beides, das Wort und die Zuchtmaßnahmen, vor denen zu verschließen, die sich in Sünde verhärten, oder aber es durch den Dienst des Evangeliums und die Lossprechung von Zuchtmaßnahmen (HK 82-85; WB 30,4) für die zu öffnen, die ihre Sünden bereuen – je nachdem es die Situation erfordert.

Artikel 30.3

Kirchliche Zuchtmaßnahmen sind notwendig26Die Begründung zur Kirchenzucht kann unter drei Aspekten zusammengefaßt werden: durch sie soll (1.) der Heiligkeit Gottes die Ehre erwiesen werden, (2.) der Bruder/die Schwester durch Umkehr neu gewonnen und vor dem Gericht Gottes gerettet werden und (3.) die Gemeinde vor der Infektion der Sünde bewahrt werden., um solche Brüder zurückzuführen und zu gewinnen, die Anstoß erregen; um andere davor abzuschrecken, sich auf ähnliche Weise zu vergehen; um jenen Sauerteig auszufegen, der den ganzen Teig durchsäuern könnte; um die Ehre Christi und das heilige Bekenntnis zum Evangelium zu verteidigen und den Zorn Gottes abzuwenden, der zu Recht auf seine Kirche fallen könnte (WB 20,4); wenn sie dulden sollte, daß sein Bund und dessen Besiegelung von jenen entweiht wird, die offenkundig und hartnäckig Anstoß erregen.

Artikel 30.4

Um diese Ziele besser zu erreichen, haben die Verantwortlichen der Gemeinde mit Ermahnung, durch zeitweiliges Fernhalten vom Sakrament des Abendmahles und Ausschluß aus der Gemeinde27Von der Abendmahlsgemeinschaft (und in weiterer Folge von der Zulassung der Kinder zur Taufe) (WB 28,4-A2f; 28,7-A1) muß ausgeschlossen werden, wer sich trotz seelsorgerlicher Hilfestellung bewußt in Sünde verhärtet. Ein Ausschluß darf nicht im Sinn einer richtenden Selbstgerechtigkeit erfolgen, sondern in der Haltung einer ungeheuchelten, entschlossenen Liebe, durch die dem Betroffenen die Chance eingeräumt wird, das Ausmaß seiner Schuld zu erkennen und zur Umkehr zu finden. vorzugehen; je nach Beschaffenheit des Vergehens und der Schuld der Person.

31. Von den Synoden

Artikel 31.1

Zur besseren Regierung und zur weiteren Auferbauung der Kirche sollen solche Versammlungen abgehalten werden, die man gewöhnlich Synoden28(a) Eine Synode stellt den freiwilligen Zusammenschluß verschiedener Kirchgemeinden mit demselben Bekenntnisstand und denselben Zielsetzungen dar. Die presbyterial-synodale Verfassung kennt keine hierarchische Kirchenleitung; vielmehr sollen die Interessen der Einzelgemeinden ungehindert zur Geltung kommen und für die Gesamtkirche fruchtbar gemacht werden.

(b) Keine Gemeinde darf über andere Gemeinden und kein Gemeindeglied über andere Gemeindeglieder den Vorrang oder die Herrschaft beanspruchen; vielmehr soll jeder auch dem Verdacht und der Gelegenheit dazu aus em Wege gehen. Alle Kirchenleitung erfolgt durch Presbyterien und Synoden. Die Gemeinden ordnen ihre Angelegenheiten selbst.
oder Konzilien nennt.
Und es ist kraft ihres Amtes und der Autorität, die Christus ihnen zur Auferbauung, nicht zur Zerstörung gegeben hat, Aufgabe der Aufseher und anderer Amtsträger der örtlichen Kirchen, solche Versammlungen einzuberufen und in ihnen zusammen zu verhandeln, so oft es nach ihrem Urteil für das Wohl der Kirche erforderlich ist.

Artikel 31.2

»So wie Staatsbehörden (Obrigkeiten) rechtmäßig eine Synode von Dienern (des Wortes Gottes) und anderen besonders geeigneten Personen berufen dürfen, um sich in Religionsangelegenheiten Rat und Gutachten einzuholen, so dürfen, wenn die Obrigkeiten offensichtlich Feinde der Kirche sind, die Diener Christi von sich aus kraft ihres Amtes oder sie zusammen mit anderen besonders geeigneten Personen als Bevollmächtigte ihrer Gemeinden29Die Presbyterien (WB 25,3-A1c) der einzelnen Gemeinden bestimmen, beauftragen und bevollmächtigen die Personen, die als Delegierte an die Synode entsandt werden. Dieser Delegation sollte in der Regel ein „Diener des Wortes“ (Pfarrer. Lektor, Lehrer) (WB 25,3-A1d-e.g kraft seines Verkündigungs- und Lehramtes angehören und, wenn zur Beobachtung und Beratung erforderlich, auch weitere besonders geeignete Gemeindeglieder. zu solchen Versammlungen zusammenkommen.«30Durch die Trennung von Kirche und Staat ist dieser Artikel (wie auch WB 23,3) in weiten Bereichen gegenstandslos (WB 23,3-A2) geworden, sodaß die Berufung und Entsendung der Delegierten, wie auch die Einberufung der Synode ohne Einflußnahme des Staates oder einer hierarchischen Kirchenleitung auschließlich den einzelnen Gemeinden obliegt.

Artikel 31.3

Es ist die Aufgabe von Synoden und Konzilien, Hilfestellung zu leisten, indem sie Glaubensstreitigkeiten und Gewissensfälle entscheiden, Regeln und Anweisungen für die bessere Ordnung der öffentlichen Gottesverehrung und der Kirchenleitung festlegen, Klagen in Fällen von Amtsverfehlungen entgegennehmen und diese gültig entscheiden. Wenn ihre Beschlüsse und Entscheidungen mit dem Wort Gottes übereinstimmen, sollen sie mit Ehrerbietung und Unterordnung aufgenommen werden31(a) Die Entscheidungsbefugnis einer Synode muß so eingegrenzt sein, daß die autonome Verwaltung jeder Gemeinde gewahrt bleibt. Abgesehen von biblischen Grundaussagen (z.B. Presbyterialstruktur usw.) gründen sich die kirchenrechtlichen Formen der Zusammenarbeit durch die Kirchenverfassung, Kirchenordnungen und übergemeindlichen Ämter usw. im menschlichen – als Ausdruck eines freiwilligen Bundes -, nicht aber im göttlichen Recht. Die kirchenrechtlichen Bestimmungen durch die die Zusammenarbeit der Gemeinden koordiniert werden, sollen demgemäß auch auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt bleiben.

(b) Die Annahme der Beschlüsse und Entscheidungen erfolgt durch freiwillige Unterordnung unter die Synode. Werden Beschlüsse gefällt, die eine Gemeinde durchaus nicht annehmen kann, weil ihre Eigenständigkeit bedroht oder schriftwidriges Verhalten gefordert wird, so steht es ihr frei, die Synode zu verlassen und aus dem Kirchenverband auszutreten.
. Dies soll nicht nur wegen ihrer Übereinstimmung mit dem Wort Gottes geschehen, sondern auch wegen der Bevollmächtigung, auf Grund derer sie gefällt werden – denn diese Vollmacht ist von Gott eingesetzt und in seinem Wort ausgewiesen.

Artikel 31.4

Alle Synoden oder Konzilien seit der Apostel Zeiten, ob allgemeine oder regionale, können irren, und viele haben geirrt. Deswegen dürfen sie nicht zur Norm des Glaubens oder des Handelns gemacht werden, sondern sollen als eine Hilfe zu beidem benutzt werden.

Artikel 31.5

Synoden und Konzilien haben nichts anderes als kirchliche Dinge zu behandeln und zu beschließen und haben sich in bürgerliche Angelegenheiten, die das Gemeinwohl betreffen, nicht einzumengen, ausgenommen in außerordentlichen Fällen in Form einer höflichen Eingabe oder, wenn sie dazu von staatlichen Behörden aufgefordert werden, in Form eines Ratschlags zu Gewissensfragen.

32. Vom Stand der Menschen nach dem Tod und von der Auferstehung der Toten

Artikel 32.1

Der Körper des Menschen wird nach dem Tod wieder zu Staub und sieht Verwesung, aber seine Seele (die weder stirbt noch schläft) hat eine unsterbliche Wesenheit und kehrt unmittelbar zu Gott zurück, der sie gegeben hat. Die Seelen der Gerechten, die dann vollkommen heilig gemacht sind, werden in den höchsten Himmel aufgenommen, wo sie Gottes Angeseicht in Licht und Herrlichkeit schauen und auf die volle Erlösung ihrer Körper warten. Die Seelen der Gottlosen aber werden in die Hölle geworfen, wo sie in Qualen und äußerster Finsternis bleiben bis zum Gericht jenes großen Tages. Außer diesen beiden Orten für die von ihren Körpern getrennten Seelen kennt die Schrift sonst keinen.

Artikel 32.2

Am Jüngsten Tag32a) Die Auferstehung des Leibes (Verwandlung) und das Gericht Gottes (Jüngster Tag) werden hier nach der Darstellung des Herrn in den Evangelien als ein Einheit verstanden. Die Heilige Schrift spricht von zwei verschiedenen Arten der Auferstehung (bzw. des Todes als Ausduck der Trennung von Gott): die „erste“ ist die Gemeinschaft der Erlösten mit Christus nach ihrem Tod, die „zweite“ ist die Auferstehung des Leibes zum Gericht (sowohl der Erlösten als auch der Gottlosen). Zahlreiche, jedoch meist nur teilweise am reformatorischen Schriftverständnis orientierte Ausleger sind der Meinung, daß unmittelbar vor der Auferstehung des Leibes zum Gericht, eine bestimmte, nach Gottes Ratschluß festgelegte Zeitphase zu erwarten wäre. Darunter verstehen sie ein theokratisches Friedensreich am Ende der Zeit („tausendjähriges Reich“), durch das die Heilsgeschichte dieser Welt ihren Abschluß fände. In dieser Phase würde das verstockte, aber „nicht verworfene“ Judentum mit der Verkündigung des Evangeliums an die Völker beauftragt werden, nachdem es selbst Christus als den wahren Messias erkant habe.

(b) Aus dieser Sicht heraus wird übersehen: 1. Jene an der Endzeit orientierten prophetischen Schriftstellen finden in der Offenbarung Christi und des Neuen Bundes (ntl. Gemeinde) ihre geistliche Wesensmitte und 2. darin ihre geschrichtliche Erfüllung. 3. Der Herr selbst hat angekündigt, daß unmittelbar nach den Wehen der Endzeit (euthéos = sofort, sogleich) die Wiederkunft Christi und das Gericht erfolgen würden; deshalb werden wir ermahnt, darauf bedacht zu sein, daß uns „der Tag“ nicht wie ein Dieb überrasche. Dieser Hinweis Christi knüpft unmittelbar an die Schildrung vom Weltgericht in der Offenbarung des Johannes an und läßt keine Zeitspanne weitere tausend jahre zu. 4. Es beruht auf einem Mißverständnis, wenn vor einem vermuteten „Anbruch des tausendjährigen Reiches“ die Bekehrung des ganzen Volkes Israel erwartet wird. Die Schrift spricht nicht von einer erneuten Heilswende zurück zum Alten Bund (tausendjährige Theokraktie, Wiederaufnahme des Tempeldienstes usw.), sondern davon, daß Gott aus der Summe des verstockten jüdischen Volkes fortwährend einen Rest bekehrt, bis alle Juden seiner Gnadenwahl („ganz Israel“) wie auch alle auserwählten Heiden („die Fülle der Heiden“) gesammelt sind. 5. Ein politisches Friedensreich auf Erden kann es auf Grund der sündhaften menschlichen Natur nicht geben (WB 6,4-6; 9,3; 23,2-A1b), deshalb muß das „Gebunden-Sein Satans“ bildhaft verstanden werden, indem es den Sieg Christi am Kreuz und die heiligenden Kraft seines Geistes veranschaulicht.

(c) Über die eschatologischen (die letzten Dinge betreffenden) Aussagen urteilt die Schrift, daß deren Verständnis gegen das Ende der Zeit zunehmen wird – sofern es sich um eine Verknüpfung von Prophetie und jeweils zeitgeschichtlichen Ereignissen handelt (WB 25,6+A1). Die endzeitliche Prophetie läßt in diesem Rahmen keine Schlußfolgerungen zu, die über das Heilswerk Christi, seine neutestamentliche Gemeinde, seine Wiederkunft, das kommende Gericht und die Neuschöpfung des Himmels und der Erde hinausgehen. Wird diese Grenzziehung nicht anerkannt, so gerät die Gemeinde Jesu in den Einfluß willkürlicher Schriftauslegung und wird ihrer eigenen Verheißung als neutestamentliches Israel (WB 7,6; 11,6; 21,3-A1b-c; 28,4-A2a) beraubt. Die Kirchengeschichte belegt eindrücklich die Folgen, die sich aus einer Überschreitung der biblischen Rahmenbedingungen ergaben: mordende Kreuzzüge, schreckliche Auswüchse während der Reformationszeit (militantes Täufertum) sowie zahlreiche spekulative Theorien und Sektenbildungen.
werden die Lebenden nicht sterben, sondern verwandelt, und alle Toten werden trotz veränderter Eigenschaften mit keinem anderen als ihrem eigenen Körper auferweckt, wobei dieser für immer mit der Seele wiedervereinigt wird.

Artikel 32.3

Die Körper der Ungerechten werden durch die Macht Christi zur Unehre auferweckt. Die Körper der Gerechten aber werden durch seinen Geist zur Ehre auferweckt und seinem herrlichen Leib gleichgestaltet.

33. Vom Jüngsten Gericht

Artikel 33.1

Gott hat einen Tag bestimmt, an dem er die Welt richten wird in Gerechtigkeit durch Jesus Christus, dem alle Macht und alles Gericht vom Vater übergeben ist. An diesem Tage werden nicht nur die abgefallenen Engel gerichtet, sondern in gleicher Weise werden alle Menschen, die auf Erden gelebt haben, vor dem Richterstuhl Christi erscheinen, um Rechenschaft über ihre Gedanken, Worte und Taten abzulegen und um das zu empfangen, was ihnen – aufgrund ihrer guten oder bösen Taten während ihres Erdenlebens – zusteht.

Artikel 33.2

Diesen Tag hat Gott zu dem Zweck angesetzt, damit seine herrliche Barmherzigkeit und Gerechtigkeit öffentlich erwiesen wird: die Barmherzigkeit in der ewigen Erlösung der Erwählten; die Gerechtigkeit in der Verdammnis der Veworfenen, die gottlos sind und den Gehorsam verweigern. Dann werden die Gerechten ins ewige Leben eingehen und jene Fülle der Freude und Erquickung empfangen, die von der Gegenwart des Herrn ausgeht; aber die Gottlosen, die Gott nicht kennen und dem Evangelium Christi nicht gehorchen, werden in die ewige Qual geworfen und mit ewigem Verderben durch die Gegenwart des Herrn und seine majestätische Gewalt bestraft.

Artikel 33.3

Christus will, daß wir in fester Überzeugung mit dem kommenden Gerichtstag rechnen, aber auch, daß uns dieser Tag unbekannt bleibt. Die Überzeugung, daß es einen Tag des Gerichts geben wird, soll beidem dienen: alle Menschen von Sünden abzuschrecken und die Gottesfürchtigen mit größerer Zuversicht in ihren Nöten zu trösten. Da jedoch dieser Tag unbekannt bleibt, soll der Mensch alle Selbstgerechtigkeit abschütteln und immer wachsam sein, weil er nicht weiß, zu welcher Stunde der Herr kommen wird. – So soll er immer bereit sein zu sagen:
Komm, Herr Jesus, komm bald. Amen.